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Nicht geringe Menge eines Dopingmittels – Testosteron

Der Bundesgerichtshof (BGH) hob mit einem Beschluss vom 30.08.2022 (BGH 5 StR 153/22) ein Urteil des Landgerichts Berlin teilweise auf. Das Landgericht hatte einen Angeklagten wegen einer Straftat nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 iVm § 2 Abs. 3 AntiDopG wegen des Besitz von Dopingmitteln verurteilt. Weil der Besitz von Dopingmitteln zum Eigendoping nach dieser Vorschrift nur dann strafbar ist, wenn der Grenzwert der nicht geringen Menge überschritten ist, kommt es darauf an, die Wirkstoffmenge genau zu bestimmen. Dabei ist dem Landgericht ein Fehler unterlaufen.

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BGH: Die Wirkstoffmenge im Doping-Mittel ist entscheidend

Der Bundesgerichtshof erklärt die Verurteilung des Angeklagten wegen Besitzes von Dopingmitteln in nicht geringer Menge für fehlerhaft:

Die Urteilsfeststellungen rechtfertigen [den Vorwurf des Besitzes von Dopingmitteln in nicht geringer Menge] indessen nicht. Danach enthielt die im Kühlschrank des Angeklagten aufgefundene Ampulle insgesamt 92 +/- 5,5 mg/ml also insgesamt mindestens 711,03 mg (86,5 mg/ml * 8,22 ml) Testosteronpropionat. Die nicht geringe Menge Testosteron ist in der Anlage zur DmMV in der Fassung vom 8. Juli 2016 (BGBl. 2016 I 1624) für sonstige Darreichungsformen mit 632 mg festgesetzt. Allerdings hat das Landgericht nicht berücksichtigt, dass in der DmMV jeweils die nicht geringe Menge für die freie Verbindung der betreffenden Stoffe ausgewiesen ist […]. Ausgehend hiervon ist der Anteil an freien Steroiden vorliegend unter Berücksichtigung eines Umrechnungsfaktors von 0,837 (vgl. https://www.dshskoeln.de/institutfuerbiochemie/dopingsubstanzen/ dopinglexikon/d/dopingmittelmengenverordnungumrechnungstabelle/) mit 595,13 mg zu veranschlagen.

Die nicht mehr geringe Menge des Wirkstoffs wurde damit nicht erreicht. Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 3 iVm § 2 Abs. 3 AntiDopG sind damit nicht erfüllt. Der Angeklagte wurde deshalb von diesem Vorwurf freigesprochen.

Die genaue Feststellung der Wirkstoffmenge ist auch dann notwendig, wenn sie nicht die Voraussetzung für die Strafbarkeit des Umgangs mit Dopingmitteln ist. Wie im Betäubungsmittelrecht kommt es im Doping-Strafrecht auf die Wirkstoffmenge auch entscheidend für die Strafzumessung an. Das hat der BGH in einer weiteren Entscheidung vom 19.05.2022 (3 StR 322/21) klargestellt. Eine Zusammenfassung dieses Urteils finden Sie hier: Aktuelle Rechtsprechung zum Handeltreiben mit Dopingmitteln

Aktuelle Rechtsprechung zum Handeltreiben mit Dopingmitteln

1. Enthält ein Dopingmittel eine von der WADA gelistete Substanz wird es auch dann von § 2 AntiDopG (Anti-Doping-Gesetz) erfasst, wenn das Dopingmittel selbst nicht auf der WADA-Liste steht.

2. Für die Bestimmung des Strafrahmens und für die konkrete Strafzumessung ist es erforderlich, die Wirkstoffmenge jedes gehandelten Dopingmittel für sich festzustellen. Die Menge des gehandelten Wirkstoffs bestimmt die Gefährdung des unter anderem geschützten Rechtsguts der Gesundheit der Sportlerinnen und Sportler (§ 1 AntiDopG).

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 19.05.2022 (3 StR 322/21) ein Urteil des Landgerichts Mönchengladbach teilweise aufgehoben. Das Landgericht hatte den Angeklagten wegen gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Dopingmitteln in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 17.080 € angeordnet. Dabei hat es aus Sicht des BGH versäumt, zu jedem der verurteilten Fälle die Wirkstoffmenge des gehandelten Dopingmittels zu bestimmen.

WADA-gelistete Substanz im Dopingmittel

Nach § 4 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b AntiDopG macht sich strafbar, wer entgegen § 2 Abs. 1 AntiDopG mit Dopingmitteln gewerbsmäßig Handel treibt. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AntiDopG ist es verboten, mit einem Dopingmittel, das ein in der Anlage I des Internationalen Übereinkommens vom 19. Oktober 2005 gegen Doping im Sport (BGBl. 2007 II S. 354, 355) in der vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat jeweils im Bundesgesetzblatt Teil II bekannt gemachten Fassung (Internationales Übereinkommen gegen Doping) aufgeführter Stoff ist oder einen solchen enthält, zum Zwecke des Dopings beim Menschen im Sport Handel zu treiben.

[…] Mit Ausnahme von Fall […] trieb der Angeklagte in allen Fällen zumindest auch Handel mit Substanzen, die in den jeweils national bekannt gemachten WADA (Welt-Anti-Doping-Agentur)-Listen 2018 und 2019 enthalten waren. Zwar ist das im Fall […] ausschließlich inmitten stehende Testosteronenantat selbst nicht in der genannten Liste aufgeführt; jedoch enthält diese Substanz das dort gelistete Testosteron (s. dazu LG München I, Urteil vom 21. Februar 2020 – 9 KLs 384 Js 165441/18 [m.w.N.]). […]

Wirkstoffmengen müssen für jedes Dopingmittel gesondert festgestellt werden

Demgegenüber hat das Landgericht im Fall […] lediglich die Gesamtmenge der in dem Paket enthaltenen Substanzen bestimmt, ohne dabei zwischen den unterschiedlichen Wirkstoffen zu differenzieren. Dies ist nicht ausreichend, um nachvollziehen zu können, von welcher Gefährlichkeit der georderten Dopingmittel die Strafkammer ausgegangen ist. Dass schon die in der „WADA-Liste“ genannten „freien Verbindungen“ insoweit – zum Teil je nach Darreichungsform – differenziert zu beurteilen sind, ergibt sich aus den in der Dopingmittel-Mengen-Verordnung für die jeweilige nicht geringe Menge unterschiedlich festgesetzten Werten. Überdies handelt es sich nicht nur bei Testosteronenantat, sondern auch bei Trenbolonenantat um keine „freien Verbindungen“. Welchen Umrechnungsfaktor das Landgericht für Trenbolonenantat zugrunde gelegt hat, ist auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht zu entnehmen.

Gleiches gilt für Fall […], in dem zwar für alle Substanzen die konkreten Mengen genannt werden. Ob und gegebenenfalls wie die Strafkammer für die zahlreichen chemischen Verbindungen (z.B. Nandrolondecanoat, Boldenon Undecylenat, Testosteron Sustanon etc.), die keine „freien Verbindungen“ darstellen, einen Umrechnungsfaktor bestimmt hat, ist jedoch nicht prüfbar. Überdies erschließt sich anhand der in den Urteilsgründen angegebenen „50.5023 mg“ nicht zweifelsfrei, in Besitz von wie viel Anastrozol der Angeklagte war. […]

Ist Bodybuilding Sport im Sinne des Anti-Doping-Gesetz?

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat sich in einer Entscheidung vom 5.12.2017 (4 StR 389/17) zum Anti-Doping-Gesetz (AntiDopG) u.a. mit den Fragen befasst, ob Bodybuilding Sport im Sinne des AntiDopG ist und ob Sport im Sinne von § 2 Abs. 3 AntiDopG einen sportlichen Wettbewerb voraussetzt. Daneben hat der BGH sich außerdem noch mit der Frage befasst, ob der Besitz von Dopingmitteln zum Eigenbedarf ohne Wettbewerbsbezug von § 2 Abs. 3 AntiDopG erfasst, damit verboten und im Zusammenspiel mit § 4 Abs. 1 Nr. 3 AntiDopG auch strafbar ist.

§ 2 Absatz 3 Anti-Doping-Gesetz

§ 2 AntiDopG: Unerlaubter Umgang mit Dopingmitteln, unerlaubte Anwendung von Dopingmethoden

[…]

(3) Es ist verboten, ein Dopingmittel, das ein in der Anlage zu diesem Gesetz aufgeführter Stoff ist oder einen solchen enthält, in nicht geringer Menge zum Zwecke des Dopings beim Menschen im Sport zu erwerben, zu besitzen oder in oder durch den Geltungsbereich dieses Gesetzes zu verbringen.

Ist Bodybuilding Sport im Sinne des Anti-Doping-Gesetz?

Die Antwort auf diese Frage, hat der BGH bejaht und folgt damit der Rechtsprechung des 5. Strafsenats, der diese Frage vor dem Hintergrund der früheren Regelungen des Arzneimittelgesetzes (AMG) bereits mehrfach genauso entschieden hat. Weiterlesen

Verdacht der Vorteilsannahme im öffentlichen Dienst rechtfertigt Kündigung

Spätestens als die Staatsanwaltschaft Hannover die Aufhebung seiner Immunität als Bundespräsident beantragt hat, um wegen des Verdachts der Vorteilsannahme ermitteln zu können, war Christian Wulff politisch erledigt. Folgerichtig trat er, der ranghöchste Mitarbeiter des öffentlichen Diensts in Deutschland, von seinem Amt zurück. Auch der Rest ist jüngste Geschichte: Das Ermittlungsverfahren mündete in einer Anklage. Im Hauptverfahren vor dem Landgericht Hannover wurde Christian Wulff vom Vorwurf der Vorteilsnahme freigesprochen.

Besteht der Verdacht der Vorteilsannahme (§ 331 StGB) gegen einen Arbeitnehmer, der im öffentlichen Dienst an weniger prominenter Stelle arbeitet, drängt sich dem ein Rücktritt nicht unbedingt auf. Freiwillig dürfte er nur selten vorkommen. Scheinbar auch dann, wenn die Vorwürfe erwiesen sind. Wer in einer solchen Situation nicht geht, wird gegangen, mit einer fristlosen Kündigung. Zu Recht, findet das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg:

Außerordentliche Kündigung wegen Vorteilsannahme im öffentlichen Dienst

Es hat entschieden, dass ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, der bei der Ausführung seiner arbeitsvertraglichen Aufgaben Vorteile für sich fordert, sich versprechen lässt oder auch nur schlicht entgegen nimmt, seinem Arbeitgeber regelmäßig einen Grund zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses gibt. | Weiterlesen…