Beschuldigtenvernehmung

Statt zur Beschuldigtenvernehmung zum Rechtsanwalt für Strafrecht

Häufig erfahren Betroffene erst durch ein Schreiben der Polizei, dass ein Ermittlungsverfahren gegen sie geführt wird. In dem Schreiben heißt es dann unter der Überschrift Vorladung als Beschuldigter:

Sie werden beschuldigt, folgende Straftat begangen zu haben.

Darauf folgt dann der Tatvorwurf, also die Straftat, wegen der das Ermittlungsverfahren geführt wird, die Tatzeit, der Tatort und die Tatörtlichkeit.

Hintergrund dieser Schreiben ist § 163a StPO (Strafprozessordnung). Dort heißt es:

§ 163a Vernehmung des Beschuldigten
Der Beschuldigte ist spätestens vor dem Abschluss der Ermittlungen zu vernehmen […]

Das bedeutet, dass jeder Beschuldigte während des Ermittlungsverfahrens die Gelegenheit haben muss, sich zu dem erhobenen Vorwurf – nämlich eine bestimmte Straftat begangen zu haben – zu äußern. Diese Gelegenheit bekommt der Beschuldigte, indem er zur Beschuldigtenvernehmung geladen wird.

Es gibt auch Fälle, in denen eine persönliche Vernehmung des Beschuldigten nicht notwendig ist. Auch das regelt der schon genannte § 163a StPO, wo es weiter heißt:

§ 163a Vernehmung des Beschuldigten
In einfachen Sachen genügt es, dass ihm [gemeint ist der Beschuldigte] Gelegenheit gegeben wird, sich schriftlich zu äußern.

In diesen „einfachen Sachen“ soll also Zeit und Personalaufwand bei der Justiz gespart werden, in dem eine Vernehmung des Beschuldigten nicht notwendig ist und der Beschuldigte stattdessen Gelegenheit bekommt, sich schriftlich zu äußern. In diesen Fällen verschickt die Polizei auch Briefe, in denen es genauso heißt,

Sie werden beschuldigt, folgende Straftat begangen zu haben.

Allerdings diesmal unter der Überschrift Belehrung / schriftliche Äußerung im Strafverfahren. Statt einem Termin zur Vernehmung enthalten diese Schreiben einen sogenannten Äußerungsbogen. Dabei handelt es sich um ein Formular, das der Beschuldigte ausfüllen und dabei angeben kann, ob und wo er arbeitet und wie viel er verdient. Selbstverständlich wird auch die entscheidende Frage gestellt, ob man den Vorwurf zugibt oder bestreitet. Daneben ist in dem Formular auch Platz für eigene Ausführungen, die so genannten „Angaben zur Sache“.

Wer so ein Schreiben erhält und es aufmerksam liest, kann die sich aufdrängende Frage

Muss ich als Beschuldigter aussagen?

oder Muss ich Angaben zur Sache machen? leicht und eindeutig mit „Nein.“ beantworten. Der Beschuldigte hat ein Schweigerecht. Es ist eines der wichtigsten Rechte, wenn nicht sogar das wichtigste Recht des Beschuldigten im Strafverfahren. Der Beschuldigte muss keine Aussage, keine Angaben zur Sache machen, weder gegenüber der Polizei, der Steuerfahndung noch gegenüber der Staatsanwaltschaft. Für das Ermittlungsverfahren ergibt sich das aus § 136 StPO:

§ 136 Vernehmung
[…] Er ist darauf hinzuweisen, dass es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen […]

Die Schweigerecht dauert das gesamte Verfahren über an. Als Beschuldigter müssen sie sich weder im Ermittlungsverfahren noch zu späteren Zeitpunkt zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen äußern. Auch als Angeklagter müssen sie sich nicht gegenüber einem Gericht äußern. Dies ergibt sich aus § 243 StPO, der für das Hauptverfahren festlegt:

§ 243 Gang der Hauptverhandlung
[…] Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, dass es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. […]

Sie können als Beschuldigter vom Anfang bis zum Ende des Verfahrens als Angeklagter schweigen, ohne dass sie irgendeinen Nachteil befürchten müssten.

Sollte ich als Beschuldigter aussagen?

Gerade wenn man der Ansicht ist, dass an den Vorwürfen nichts dran ist, besteht die große Versuchung, einer Ladung zur Vernehmung als Beschuldigter zu folgen, um die ganze Sache durch Mitteilung des tatsächlichen Sachverhalts aus der Welt zu schaffen. So verständlich diese Reaktion ist, so wenig ist sie zu empfehlen.

Gehen Sie nicht zur Polizei zur Vernehmung als Beschuldigter

Grundsätzlich rate ich jedem, der mich fragt, nicht zur Vernehmung zur Polizei zu gehen. Einfluss auf das weitere Verfahren hat die Polizei ohnehin nicht. Über den Fortgang des Ermittlungsverfahrens entscheidet allein die Staatsanwaltschaft. Angaben sollten daher nur gegenüber der Staatsanwaltschaft und erst dann gemacht werden, wenn Einsicht in die Ermittlungsakte genommen wurde. Die vollständige Akteneinsicht ist nur über einen Rechtsanwalt möglich.

Haben Sie eine Ladung zu einer Beschuldigtenvernehmung erhalten, zögern Sie nicht, sich zu melden. Ich berate ich Sie gern.